IRONMAN in Hamburg – Ilka´s großer Tag!

IRONMAN in Hamburg – Ilka´s großer Tag!

Meine Lieben!

Es ist der 29. Juli 2018 – der Tag auf den ich monatelang hin gefiebert habe: Der IRONMAN in Hamburg. 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42, 195 Kilometer laufen. Klingt unglaublich, oder? Wie kommt man bloß auf die Idee sich für so etwas anzumelden?  Puh, das ist eine lange Geschichte, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Wir beginnen im Oktober 2017 – ich moderiere gemeinsam mit Christian Keller (Bronzemedaillen Gewinner im Schwimmen bei Olympia und ZDF Kommentator) eine Gala in Düsseldorf. Sein Freund Christian Krause ist Gast auf der Gala und ich erfahre, dass Christian sein Schwimmtrainer und Mentor ist und 2017 den IRONMAN finishte. Zu diesem Zeitpunkt ist es aus meiner Sicht verrückt, sich an drei Disziplinen an einem Tag mit einer solchen Länge zu wagen. Ich denke, wie kann man nur 3,8 Kilometer schwimmen? Nun, denn … es vergehen ein paar Wochen bis mich mein Nachbar Johannes Lenhart, mehrfacher IRONMAN Finisher, herausfordert – getreu dem Motto „Ilka du bist Biel, dann schaffst du auch den IRONMAN„.  Nun, wenn er es sagt, dann sollte ich das mal in Angriff nehmen, oder? Ich schaue in den Kalender, wann das Rennen in Hamburg stattfindet und stelle fest, dass der Termin „frei“ ist und genau zwischen zwei AIDA Reisen liegt. Ein ideale Tapering Phase und eine herrliche Regeneration mit leckerem Essen steht also nichts im Wege. Ich spüre, ich habe Blut geleckt. Ich will es so langsam wissen: Bin ich IRON

Und nicht nur das! Ich möchte diese große Herausforderung annehmen und damit anderen Menschen Mut machen und Hoffnung geben. Ich bin mit einer Hüftdysplasie (evtl. Konsequenz Rollstuhl) auf die Welt gekommen und werde mit dieser „extremen“ Belastung, die mein Körper standhalten muss, zeigen, wenn du an deine Ziele, Wünsche und Visionen glaubst und dafür kämpfst, kannst du ALLES im Leben erreichen. Es ist mir von Beginn an klar, dass ich es schaffen werde! Doch, wie sagt Joey Kelly so schön „Man ist nur so gut wie sein Team“. Also brauche ich neben dem eisernen Willen, ein Team, dass mich auf diesem Weg zum großen Tag begleitet. Und da kommt das Fachgeschäft für Triathlon in Hamburg Trionik mit ins Spiel mit dem ich im April 2018 meinen Traum von IRONMAN in die Tat umsetze. Sie sponsern den IRONMAN in Hamburg und bieten ein Rookie-Programm (Triathlon Vorbereitung für Einsteiger) an. Das ist für mich ideal, denn ohne eine „Schwimm-Anleitung“ wird das nichts mit meinem IRONMAN. Letztes Jahr bin ich 1,5 Kilometer beim Triathlon (Olympische Distanz) einfach Brust geschwommen. Aber hey, das sieht doch komisch aus, wenn alle kraueln und ich komplett Brust schwimme. Außerdem kostet das zu viel Kraft in den Waden, die ich bei den anderen Disziplinen noch brauche. Nein, jetzt ist der Zeitpunkt, wo ich auch dieses Kraueln lernen möchte. Ich möchte auch „professionell“ dabei aussehen. Ja, und da kommt Matze – der Schwimmtrainer des Rookie-Programms von Trionik gerade Recht. Von nun an bin ich jede Woche in Wandsbek im Schwimmbad und lasse mir eine Anleitung geben wie ich Bahn für Bahn hinter mir lasse. Ende Mai geht es dann in Tonndorf ins Freiwasser, wo ich beim ersten Mal aufgrund der Kälte trotz Neoprenanzugs fast „erfriere“. Wie heißt es so schön: Nur die Harten kommen in den Garten. Ich muss mich durchbeißen! Doch von Woche zu Woche wird es besser. Man gewöhnt sich an die Brühe, in der man unter Wasser nichts sieht und sich jedes Mal freut, wenn man auftaucht und ein wenig Sicht und Natur genießen kann. Und auch, wenn ich bis zum IRONMAN keine starke Schwimmerin werde, reicht es zumindest in der vorgegebenen Zeit ins Ziel zu kommen. Und wer Triathlet ist, weiß, dass Tempo beim Radfahren oder auf der Laufstrecke gemacht wird. Gut, dass ich schon ein paar Marathons in den Beinen habe. Da kann ich mich getrost in Sachen Joggen ein wenig ausruhen und mich aufs Radfahren neben dem Schwimmen konzentrieren. Von Beginn an nehme ich die „Original“ Radstrecke in Angriff. Es ist mittlerweile Mai, Zeit endlich Klickpedalen auf das Rad zu montieren (ja, ich habe jedes Radrennen und jeden Triathlon bisher ohne in Angriff genommen) und einen Armaufleger zu besorgen (von dem ich auch vorher noch nie gehört habe). Meine Freundin Kathrin Vergin führt mich raus aus Hamburg – Richtung Zollenspieker Fährhaus, wo wir heute mit Inger Diederich Rad-Fotos shooten. Mir gefällt diese Idylle am Deich, die mich an meine Heimat Ostfriesland erinnert. „Das ist dieses Jahr die Radstrecke beim IRONMAN„, sagt Katrin. Genial, denke ich. Hier trainiere ich die nächsten Wochen immer mal zwischen 60 und 90 Kilometer. Wobei ich mich ehrlich gesagt auf meine „Rolle“ eingestellt habe, die mir Julia Westphal (eine Sportskollegin von mir) voller Liebe im April für das Indoor-Training eingestellt hat. Nun, es scheint in Hamburg die Sonne, wieso dann auf die „Rolle“ gehen? Das Wetter ruft mich förmlich nach draußen und ich liebe diese Strecke entlang des Deiches. Wobei bei so mancher Einheit könnte ich den Gegenwind verfluchen. Wie soll ich da bloß einen Schnitt von 25 km/h fahren? Nun denn, ich will IRON sein – irgendwie kriege ich das hin – egal, welches Wetter. Ich will es, also schaffe ich es auch! Und irgendwie wird es von Woche für Woche einfacher 90 Kilometer am Stück abzuspulen.

Dafür „hakt“ es beim Schwimmen. Kathrin schaut sich das noch einmal genau an und gibt mir wertvolle Tipps, die Matze dann mal gleich beim nächsten Freiwasser-Training auffallen. Mittlerweile ist es Juni und ich spüre, dass die Zeit viel zu schnell vergeht. Ich stehe kurz vor meiner Hochzeit, es gibt einen Haufen Arbeit, den ich gerne erledigen möchte, aber ich will auch genug Zeit für das Training haben. Meine Work-Life Balance eben;-). Ich betreibe Schlaf-Entzug…sitze nachts am PC und arbeite das ab, was ich tagsüber geschoben habe, um bei Helligkeit meine zwei Trainingseinheiten zu absolvieren. Meinen Laufkollegen muss ich so manches mal absagen mit der Begründung, dass ich am Deich Radfahren muss und möchte. Alle zeigen vollstes Verständnis und verfolgen meine Aktivitäten im Netz auf dem Weg zum IRONMAN. Parallel beschäftige ich mich mit der Ernährung während des Wettkampfes und teste das ein oder andere Produkt im Training. Meinen Gesundheitszustand lasse ich regelmäßig durch meine Blutproben von Cerascreen checken und versorge meinen Körper mit dem, was er noch gebrauchen kann: Eisen zum Beispiel. Ich werde von Woche zur Woche stärker – trotz Gewichtsabnahme aufgrund des Trainingsumfangs, der in Stunden ausgedrückt 15-20 pro Woche beträgt.

Im Juni lasse ich mich zusätzlich in Sachen Stoffwechsel-Messung bei Cardioscan ausbilden, um in Zukunft anderen Menschen auf dem Weg zu einem gesunden Lifestyle zu helfen. Natürlich sind wir in der Ausbildung selbst „Versuchskaninchen“ und ich denke, mein Körper ist bestimmt „alle“ – die Batterien sind leer, denn die Regeneration, in diesem Fall der Schlaf, fehlt mir. Aber die Messergebnisse sagen das Gegenteil: Ein geringer Stress-Level, eine perfekte Fettverbrennung, der Wasserhaushalt ist top, eine geringe Fettmasse etc. pp. Der Körper ist topfit! Nun, ich spreche mit der Ausbilderin und sage, dass der Stress-Level höher sein muss – doch Sie versichert, dass der Körper jetzt fit ist und einiges „aushalten“ kann – die Quittung würde erst später kommen, wenn man beispielsweise über Jahre auf diese Weise lebt. Ok, ich ziehe das bis maximal Anfang Juli durch, dann bin ich zum Tapern auf der AIDA und kann ein wenig zur Ruhe kommen. Und dann kommt der große Tag! Danach wird in Ruhe regeneriert.

Ich ziehe weiter mein Training bis Juli durch und habe drei Wettkämpfe als kleinen Reiz in meinen Trainingsplan eingebaut. Ich werde trotz des geringen Laufumfangs pro Woche (30-40 Kilometer statt 80-90 Kilometer) immer schneller – hole den 3. Platz beim b2run, verbessere meine Halbmarathon Bestzeit um 5 Minuten auf 1:34 und stehe auch beim Womens Run als 3. Platzierte auf der Bühne. Wahnsinn, was alles noch aus dem Körper rauszuholen ist. Mir ist klar, sollte irgendetwas am 29. Juli 2018 schief laufen, hat sich zumindest das Training ausgezahlt fürs Laufen – genauer gesagt für die Erweiterung der VO2max – der maximalen Sauerstoff-Aufnahmekapazität. Ich glaube, das Schwimmen hat maßgeblich dazu beigetragen. Auch wenn ich mich im Endspurt immer ins Schwimmbad quäle und nach 1,9 Kilometern genug vom Kacheln zählen im Kaifu Bad, mein Trainingslager, habe. Wieso ist das so langweilig? Nun denn, ich motiviere mich damit, dass ich vor April maximal 100 Meter am Stück kraueln konnte und nun ernsthaft überlege, den IRONMAN komplett zu kraueln und maximal für die Orientierung auf das Brustschwimmen wechsele. Es tut sich was im Training! Keep on running – ach ne, keep on swimming. 

Es ist der 10. Juli 2018 – 1 Tag vor der AIDA Reise – ich beschließe spontan um 21 Uhr in den Stadtpark-See zu springen, um noch einmal das Freiwasser zu genießen und das „leckere“ Wasser auf meiner Haut zu spüren. Denn in den nächsten zwei Wochen werde ich auf der Nordeuropa Route eher Schwimmbäder aufsuchen. Ein wenig komisch werde ich schon angeschaut, als ich mit Badekappe und Schwimmbrille sowie meinen Neopren-Anzug in den Stadtpark-See springe. Mir ist ehrlich gesagt egal, was andere denken, denn ich will ohne Angst ins Freiwasser am 29. Juli 2018. Das soll mein großer Tag werden! Dann muss ich schon mal die Zähne zusammenbeißen und in die dreckige Suppe springen und so tun als wäre es mein geliebtes Kaifu Bad.

Auf dem Rad klappt es schon mal prima mit den Klick-Pedalen und dem Armaufleger. Auch das Reifen-Wechseln für den Härtefall habe ich mit Kathrin geübt, sodass mich nichts mehr davon abhalten kann, die Ziellinie zu überqueren. 

Am 11. Juli starte ich in Kiel meine Reise und überlege, was ich noch an mir selbst optimieren kann. Ich merke, ich habe in den vergangen Wochen viele Arbeitsprozesse in meiner Selbständigkeit „verbessert“ und „optimiert“, um noch mehr Zeit für andere Dinge wie das Training zu haben. Genial, wofür so ein IRONMAN alles gut sein kann. Man gewinnt Zeit, obwohl man 15-20 Stunden für den Sport pro Woche investiert;-). Auf dem Kreuzfahrtschiff beschließe ich, jeden morgen vor 8 Uhr ins Gym zu gehen. Erst rauf auf das Rad und dann ein wenig Kraftsport. Und ich ziehe es durch. Der erste Morgen ist hart, da ich lieber am Abend oder um Mitternacht sportlich aktiv bin und nicht der „frühe Vogel“, was den Sport angeht. Ich visualisiere jeden morgen die Ziellinie des IRONMAN am Rathaus, was es mir erleichtert den Po aus dem Bett zu bekommen. Am dritten Tag ist es schon eine Routine – ein Ritual für mich. Warum ich mir das antue? Nun, meine Melatonin und Serotonin Ergebnisse (über Cerascreen ermittelt) ergaben, dass ich eben eine Nachteule bin und morgens erst einmal ein paar Stunden brauche bis ich sportlich auf einem „Leistungshoch“ bin. Das ist auch mein Empfinden. Wenn ich eine Lerche werden möchte, muss ich den Körper „umpolen“, sodass er morgens Bestleistung bringt und gegen Abend runter fährt. Da es beim IRONMAN um 7 Uhr morgens losgeht, wage ich dieses Experiment, welches sich auszahlt – wie sich am Wettkampf-Tag herausstellt. Ich starte das Tapering und habe auf einmal noch mehr Zeit. Ich schlafe, esse viel, gebe meine Kurse, esse wieder, schlafe, trainiere und das im Wechsel. Viel drum herum gibt es nicht – außer mein geliebtes Hörbuch „Nachrichten vom IRONMAN“ von Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder, welches ich in der Endlosschleife höre. Meine Kabinen-Nachbarn denken wohl auch, ich habe nicht alle Latten am Zaun das Buch mindestens vier Mal zu hören. Hinzu kommen meine Schwimmtechnik-Videos, die ich zum Einschlafen anschaue. Vielleicht tut sich ja im Schlaf was in Sachen Schwimmtechnik. Der Glaube daran stirbt zuletzt.

Auf Island gehe ich ins Schwimmbad, denn ich muss einmal noch vier Kilometer für den Kopf am Stück kraueln, um beruhigt an der Startlinie zu stehen. An den anderen Tagen geht es Joggen in der zauberhaften Natur Islands. Am vorletzten Tag meiner Reise schließe ich mich einer Radfahtruppe an. Es geht in Bergen 1.000 Meter rauf auf den Berg. Herrlich – der letzte muskuläre Reiz ist gesetzt – 4 Tage vor dem IRONMAN. Die Gäste an Bord motivieren mich und drücken mir die Daumen für meinen großen Tag. Und ich erfahre über den Koch Franz Schned an Bord, dass die Bild-Zeitung veröffentlicht hat, dass das Schwimmen beim IRONMAN in Hamburg ausfällt. Ich fasse es nicht. Die Disziplin für die ich am meisten gekämpft habe und wirklich bei Null im April angefangen habe. Wie schade! Aber die Gesundheit geht vor und weder der Veranstalter noch die Behörde Hamburgs können etwas für die „fiese“ Blaualge, die die Alster unsicher macht.

Es ist Samstag der 28. Juli 2018. Ich gehe ausgeruht nach 17 Tagen AIDA Schiffsreise in Kiel von Bord und mache mich auf den Weg nach Hamburg: Startnummer holen, Interview für IRONMAN geben und das Rad sowie die vorbereiteten Beutel abgeben. Ach ja, Shopping auf der IRONMAN-Messe darf ich nicht vergessen: Es wird ein Rucksack, ein Shirt und eine Tasse gekauft. Und auch, wenn ich diese schon habe, muss ich mir diese schönen Goodies erst einmal erarbeiten, um sie verwenden zu können bzw. zu dürfen;-). Am Abend bin ich mit meiner Mutter, ihrer Freundin und meinen Mann bei Steffen Henssler essen. Meine Mutter ist extra aus Ostfriesland angereist, um mich zu unterstützen. Das ist Gold wert, denke ich. 

Ich habe mir fest vorgenommen früh ins Bett zu gehen, denn um 4:50 heisst es aufstehen. Es wird dann aber doch wie immer bei mir … Mitternacht. Und dann überlegt sich der mein Hund YODA ordentlich Alarm zu schlagen, weil draußen auf der Straße Lärm ist. Ich denke nur, Shit, so bekommst du gar keinen Schlaf. Kurzerhand beschließe ich im Wohnzimmer neben ihm zu schlafen und er beruhigt sich so langsam. Ein Glück! So kann ich wenigstens ein paar Stunden die Augen schließen. Als der Wecker um Punkt 4:50 klingelt, bin ich sofort hellwach, ziehe mich an, nehme meine Sachen und gehe gemeinsam mit meinem Nachbar Johannes zum Start am Jungfernstieg. Statt der geplanten 3,8 Kilometer Strecke, geht es via Rolling Start auf eine 6 Kilometer Laufstrecke, die auf der „eigentlichen“ Radstrecke stattfindet. Die Temperaturen sind bereits um 8 Uhr morgens „belastend“ während der Laufens für das Herzkreislauf-System.

Ich laufe ohne Pulsuhr oder Zeitmessung – nach Gefühl – eine 5er Pace. Das ist super. Denn wer zu schnell startet, wird meist aufgrund der erhöhten Laktatansammlung im Körper bestraft. Alles läuft rund wie man auf dem Foto erkennen kann.

Fotocredit: Kristina Assmann

Kathrin steht an der Strecke und jubelt und ruft mir kurz vor der Wechselzone zu „Ilka, jetzt geht es los“. Hä? Es ging doch schon vor 6 Kilometern für mich los;-). In der Wechselzone geht alles ratzfatz, sodass ich am Ende der Wechselzone meinen Po aufs Rad schwinge und Gas gebe. Das Rad wurde am Samstag noch einmal bei Trionik gecheckt, sodass ich mit einem guten Gewissen das Rennen absolvieren kann. Doch am Großmarkt sind diese „fiesen“ Kopfsteinpflaster, über die ich vier mal während des Rennens rüberfahren muss. Ich hoffe, der Reifen platzt nicht. Tut er nicht! Gott steht mir bei – oder wer sonst da im Himmel auf mich herab guckt. Das Wetter ist zum Radfahren fantastisch. Ich genieße es und fahre einen 30er Schnitt.

Eine Runde nach Geesthacht und zurück … und das Ganze dann zwei Mal. Macht insgesamt 180 Kilometer. Die erste Runde läuft erstaunlich gut. In der 2. Runde kämpfe ich mit dem Gegenwind. Wo kommt der denn auf einmal her? Nun denn, nach ca. 30 Kilometern ist er verschwunden und ich spüre eine Art Runner´s High auf dem Rad. Heißt das dann Biker´s High? Mittlerweile sind die Profis an mir vorbei gedüst. Jeder mit einer eigenen Begleitung auf dem Motorrad. Ich radele Mutterseelen allein, denn dichtes Auffahren oder sogar Unterhaltungenm, die gleichzeitig Windschatten mit sich bringen, werden vom IRONMAN bestraft. Durch Windschatten-fahren hätte ich nämlich einen klaren Vorteil. Für mich gilt, Fairplay wie man so schön sagt. „Mogeln“ ist keine Option, da alle 300-500 Meter Kontrolleuere stehen. So ganz alleine bin ich demnach nicht, dennoch fällt es einer Frau wie mir schwer sechs Stunden gar nicht zu reden und sich nur auf die Radstrecke zu konzentrieren und vielleicht Gespräche mit meinen Haribo Schlümpfen (meine Verpflegung) zu führen.

Ich bin mittlerweile bei Kilometer 150, mein GPS-Tracker zeigt mir einen Durchschnitt von 29,5 km/h an. Mir wird klar, dass mich jetzt die Zeit nicht mehr einholen wird. Die letzten 30 Kilometer kann ich notfalls mit 20 km/h fahren und werde immer noch nicht vom Besenwagen eingeholt und muss die Sachen packen. Es sieht gut aus für mich! Ich befinde mich auf Kurs IRONMAN und freue mich schon jetzt auf die Laufstrecke. An der letzten Verpflegungsstelle vor dem Hamburger Großmarkt schreit mir ein fleißiger Helfer zu „super Zeit, Ilka“ – ja, das lief bisher einfacher als erwartet. Es geht ein 2. Mal in die Wechselzone, die ich recht zügig wieder verlasse. Beutel hängt da, wo er hängen soll und so bin ich schnell auf der Laufstrecke. Die erste Runde fühlt sich gut an.

Alle meine Freunde, Bekannte und Liebsten stehen am 10,5 Kilometer Rundkurs und feuern mich an. Ich werde von allen Seiten angeschrien mit Wortren wie „Ilka, super. Weiter so“. Mir tun die Anfeuerer schon ein wenig Leid, das Schreien muss ordentlich auf ihr Goldkelchen gehen. Danke auch fürs Durchhalten an euch! Am Ende vom ersten Rundkurs stehen meine Mutter und ihre Freundin am Jungfernstieg und rufen mir zu „du schaffst das“. Klar Mama, denke ich. Notfalls gehe oder humpel ich ins Ziel. Dann bin ich vor 23 Uhr da und bekomme eine IRONMAN Medaille. Nein, Ilka, nicht auf blöde Gedanken kommen, du joggst jetzt so lange weiter wie du kannst. Gesagt, getan. Und die 2. Runde ist der Horror aufgrund der Temperaturen in der Mittagszeit. Aber lieber jetzt die Hitze als Regen auf dem Rad am race day. Man kann sich so eine Situation ja auch immer schön reden. Und bei einer Distanz über 220 Kilometer, die man an einem IRONMAN Tag zurücklegt, kann man sich viele Gedanken machen. Einfach herrlich. Ich darf aber nicht vergessen rechts und links zu schauen, damit ich alle meine Liebsten wahrnehme und als Energie-Lieferant nehme. Apropro Energie-Lieferant. Ich halte nur Ausschau nach Kühlung, Kühlung und nochmals Kühlung. Jede vom Veranstalter aufgestellte Dusche ist eine Wohltat und die Eiswürfel werden direkt in meinen Einteiler geschüttet. Denn das einzige, was mich jetzt aus dem Rennen bringen kann, ist ein Kreislaufkollaps. Bitte nicht! Während auf der Radstrecke das Kopfsteinpflaster meine einzige Sorge war, ist es jetzt die Hitze. Ich werde langsamer, bleibe aber am Ball und kämpfe. Am Ende der 2. Runde überkommt mich ein Bedürfnis. Das erste mal an diesem doch recht langen race day. Ich suche die Dixi Toilette am Jungfernstieg auf und fasse meine Gedanken noch einmal zusammen. Es sind nur noch 21 Kilometer. In gut zwei Stunden bist du durch, Ilka. Ich visualisiere wieder den Zieleinlauf auf den ich monatelang hin trainiert habe und den Teppich, den ich heute unter meinen Sportschuhen spüren will. Ich mache mich weiter auf den Weg. Runde 3.

Mittlerweile knallt die Sonne nicht mehr ganz so stark auf meinen schwarzen Einteiler und ich rede mir ein, jetzt wird es nur noch leichter. Anscheinend ergeht es nicht jedem so. 50% der Athleten sind mittlerweile in einen Gehmodus gewechselt. Ob es ihre 1.,2.,3. oder 4. Runde ist, erkennt man an den Bändchen, die man Runde für Runde am Gänsemarkt umgehängt bekommt. Ich ermutige den einen oder anderen nicht aufzugeben und weiter zu joggen, doch die Hitze macht wirklich einigen sehr zu schaffen.

Meine „Fans“ sind immer noch an der Strecke und geben ALLES. Ich habe das Gefühl, ich muss etwas zurückgeben und bleibe im Jogging-Modus. Mein Mann ist mittlerweile neben mir an der Laufstrecke, knipst Fotos und stärkt mir den Rücken. Drei Kilometer vor dem Ziel macht er sich auf dem Weg zum Rathaus. „Es sind nur noch drei Kilometer bis ins Ziel. Bis gleich“. Eine Dame neben mir kontert „das würde ich auch gerne sagen können“. Sie befindet sich wohl noch nicht auf der 4. Runde. Ich gebe ihr die Worte „du schaffst das auch“ mit auf den Weg und ziehe das Tempo entlang der Außen- und Binnenalster ein wenig an. Gleich hast du es geschafft, Ilka. Wie geil ist das denn! Es ist nach 18:30 – die Temperaturen werden langsam angenehm und die Muskulatur macht weiterhin mit. Ich passiere ein letztes Mal die Loop-Station und bekomme mein 4. Bändchen. Ich spüre einen Adrenalinschub.

Fotocredit: Christoph Arndt

Nur noch 1 Kilometer, Ilka, dann hast du es geschafft. Die Zuschauer werden so langsam weniger an der Strecke, aber einige IRONMAN Fans geben immer noch alles für die Sportler. Auch sie haben in der Affenhitze den Tag verbracht. Chapeau an dieser Stelle! Und auf einmal sehe ich ihn vor mir, den Zieleinlauf. Ich hebe noch einmal das Tempo an und renne um mein Leben! Ich passiere die Ziellinie und bekomme meine Medaille umgehängt. ICH BIN IRONMAN! Und das in einer Zeit von 11:00:59! Yeah!

Das Gefühl ist unbeschreiblich. Sofort bekomme ich eine fleißige Helferin an meine Seite, die mich zur Verpflegung bringt. Für jeden Finisher gibt es eine Person, die im Notfall helfen kann und für einen da ist. Das finde ich super, denn so langsam habe ich Angst um meinen Kreislauf. Im Verpflegungs-Village angekommen, gibt es erst einmal ein alkoholfreies Bier, ein Franzbrötchen und meine Wechselkleidung sowie das Finisher-Shirt. Ich bin überglücklich und bedanke mich noch einmal bei Kathrin (Foto), die mich als erfahrene Triathletin auf dem ganzen Weg zum IRONMAN begleitet hat. Du bist mir eine große Hilfe! 

Jetzt gibt es erst einmal die Regeneration. Ich dusche im Hotel bei meiner Mutter und gehe mit der Familie essen und feiern. Immer noch voller Adrenalin im Körper. Und auch am Montag kann ich mir das breite Grinsen im Gesicht nicht verkneifen. Wie heißt es so schön: Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt. Wobei, die Schmerzen sich nicht sonderlich spüren lassen. Im Gegenteil. Ich habe es mir schlimmer vorgestellt;-)! 

Und was kommt jetzt? Das haben mich schon einige gefragt. Fakt ist, der IRONMAN war mein großes Ziel. Ich habe das Ziel erreicht! Da das Schwimmen ausfiel, könnte ich mir vorstellen einen 70.3 zu absolvieren. Die große Distanz in Hamburg möchte ich – so unbeschreiblich schön wie es Sonntag war – im Herzen behalten. Daher ist das „große“ Projekt mit meinem Erfolg abgeschlossen. Was jetzt kommt, steht noch in den Sternen! Ich fahre nun erst einmal das Pensum runter und investiere mehr Zeit für andere Dinge im Leben. Ich gehe weiterhin schwimmen und Radfahren, weil ich spüre, dass es mir gut tut und Spaß macht, aber nicht, weil der nächste Wettkampf ansteht und die Zeit knapp bemessen ist.

Wenn ich weiter trainiere, kann ich auch immer mal den olympischen Triathlon absolvieren ohne beim Schwimmen in den Brust-Schwimm-Modus wechseln zu müssen oder beim Radeln keine Klick-Pedalen zu nutzen. Es ist jetzt alles erprobt;-).

Es war immer mein Ziel meinen Körper gesund zum IRONMAN zu bringen und gesund ins Ziel zu kommen. Das habe ich geschafft und danke an dieser Stelle meinem Körper, der immer resistent war und nicht einmal während der intensiven Einheiten gestreikt hat.

Ich möchte noch mal die Worte Joey Kellys aufgreifen „Man ist nur so gut wie sein Team„. Ich weiß, dass ich es nicht geschafft hätte, wenn ich nicht so unfassbar tolle Menschen in meinem Umfeld hätte. Deshalb kommt jetzt die Lobeshymne. Die Melodie dazu könnte Eye of the Tiger oder We are the Champions sein!

Ich danke ..

Johannes Lenhart für die Idee beim IRONMAN zu starten. 

Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder für die Motivation im April in Form eines Videos und für die Abkühlung am Gänsemarkt auf der Laufstrecke.

Kathrin Vergin für die mentale Vorbereitung und Ernährungs-Beratung! Du wirst deinen Traum von Hawai erreichen. Das weiß ich!

Julia Westphal, die mir mit meinen Projekt „Indoor Cycling“ unter die Arme gegriffen hat! Danke auch fürs Anfeuern am Gänsemarkt.

Theresia, Shirin, Elvisa, Linda, Kai, Detlef, Claus, Tabea, Claudia, Bianca, Mirka, Julia, Eva, Nicole, Thorsten, Henry, Sabine, Wanda und Sarah fürs unermüdliche Anfeuern auf der Strecke!

Allen, die in den sozialen Netzwerken mitgefiebert haben!

-meinem Schwimmtrainer Matze, der mich nicht nur Sonntag auf der Laufstrecke angefeuert hat, sondern auch beim Training viel Geduld mit mir haben musste. Ich bin dir sehr dankbar, dass ich noch „später“ zu deinem Rookie-Team dazu durfte und du mich hast „machen lassen“. 

Trionik – meine rechte Hand beim IRONMAN. Danke an Leana, Kristina, Phillip, Martina, Bettina und ALLEN, die mich so herzlich unterstützt haben. Mental und auch nateriell. Vielen Dank für euren Support, den ich wärmstens empfehlen kann.

-der Kaifu Lodge, danke an Kati, Antje und Kevin. Ich fühle mich pudelwohl in der Kaifu Lodge.

Multipower, danke an das gesamte Team! Dank euch hatte ich die optimale Eigenverpflegung auf der Strecke und konnte bereits im Training alles erproben. Uns außerhalb des Trainings genieße ich gerne eure Riegel;-).

Cerascreen, danke an Markus, Olaf, Kai und Niels. Ich weiss gar nicht wie viel Blut ist seit April gelassen habe;-). Das Resultat ist: Ich bin „gesünder“ und „stärker“ als vor dem IRONMAN und das habe ich auch euch zu verdanken. Danke für die Analysen und für die Supplements (Eisen, Magnesium etc.). Wie schön, dass ihr auch mit dem Kamerateam Sonntag vor Ort wart.

Bike24, danke Nathanael für den wunderbaren Bontrager Aelous Helm. 

Sports-block, danke Oliver für die Schwimmbrillen, die ich auf Leib und Nieren testen durfte. 

Zoggs für die Schwimm-Outfits. Egal wie die Schwimmtechnik war, die Outfits haben mich immer professionell aussehen lassen:-).

Capital Sports für die Hanteln und Stabi-Materialien.

-den asics Frontrunnern –  ein Team, das immer motiviert und mich unterstützt.

sziols für die jahrelange Unterstützung in Sachen Sportbrillen.

CoolBodies, danke Tina für die Eissauna-Gänge, die mich toll haben regenerieren lassen. Ich war immer fit. Einfach herrlich!

Inger Diederich für die perfekten Fotos!

Allen, die immer an mich geglaubt habe und sagten, dass ich es schaffe!

Ein Dank geht an ALLE fleißigen Helfer auf der Rennstrecke. Auch für euch war es ein heißer langer Tag. Ihr seid alles IRON-Männer;-). Nächstes Jahr möchte ich an eurer Seite stehen, mithelfen und etwas „zurückgeben“. 

Danke an IRONMAN für die perfekte Organisation! Die Verpflegungsstellen und die Strecken waren optimal. Vielen Dank! 

Last but not least danke ich meiner Familie, meinen Eltern und meinem Mann! Manchmal habe ich Flausen im Kopf und setze egoistisch meine Wünsche um. Vielen Dank für euer Verständnis! Ich habe jetzt wieder mehr Zeit für euch…

Wie ihr seht – Das Team ist ganz schön groß! Vielen Dank an euch! Ihr seid so großartig und bekommt alle einen Teil der Medaille ab. 

Und das Ende vom Lied ist mein Appell an die Menschheit:

Lebe deinen Traum! Ich tue es, Tag für Tag! Grenzen setzt nur der Verstand!

Oder wie es Ingmar Bergman formuliert: „Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen.“

Und die Angst ist unser Hindernis! 

Der Brite Tim Don zeigte am Sonntag beim IRONMAN was möglich ist, wenn man an sich glaubt. Er brach sich kurz vor dem IRONMAN auf Hawaii das Genick und kämpfte sich zurück ins Leben. Er wird Neunter mit einer Zeit von 7:40:59 beim IRONMAN in Hamburg. Unglaublich, oder? Nehmt euch solch einen Mann als Vorbild für die Dinge, die für euch heute unerreichbar zu sein scheinen!

„Alles was wir wollen kann passieren“ – Das wußte schon Mary Poppins, die mich immer wieder fasziniert und inspiriert manche Dinge im Leben leichter zu nehmen.

DANKE FÜR ALLES!

Eure IRONMAN Ilka

PS: Dieser Beitrag enthält WERBUNG.

Zieleinlauf: